Fachartikel

Mietvertrag: Die Solidarische Haftung

Unterzeichnen mehrere Parteien einen Mietvertrag, so haften sie solidarisch. Ein Fall aus der Praxis der HEV Rechtsberatung zeigt auf, welche Auswirkungen dies mit sich bringt.

Rechtsberatung Mietvertrag

Ein Fall aus der Mietvertrag-Praxis

Ein Vermieter schloss mit einem Mieter einen Mietvertrag über Büroräumlichkeiten ab. Aufgrund Zahlungsverzugs des Mieters kündigte der Vermieter den Mietvertrag. Die Parteien einigten sich auf einen neuen Vertrag, welchen die Ehefrau des Mieters mitunterzeichnete. Einige Zeit später kündigte der Vermieter den Mietvertrag erneut wegen Zahlungsverzugs. Anschliessend erhob der Vermieter für die ausstehenden Zahlungen von Fr. 50'000.00 Klage gegen die Eheleute. Kurz darauf verstarb der Mieter, worauf die Klage gegen die Ehegattin fortgesetzt wurde. Die Ehefrau weigerte sich jedoch, für die Forderung einzustehen.

Der Vermieter wandte sich an die Rechtsberatung des HEV St. Gallen. Mit dessen Unterstützung wurde eine Forderungsklage an die Mieterschlichtungsstelle eingeleitet. Die Schlichtung endete darauf ohne Einigung. Innerhalb der 30-tägigen Frist erfolgte Klage beim Kreisgericht St. Gallen, worauf das Gericht die Ansprüche des Vermieters wie nachfolgend beurteilte:

 

Erwägungen des Gerichts zum Mietvertrag

Das Gericht prüfte, ob der Einbezug der Ehefrau in den Mietvertrag einzig der Absicherung der daraus entstehenden finanziellen Verpflichtungen erfolgte, womit eine formungültige Bürgschaft vorliegen würde. Diese hätte bei einem Betrag ab Fr. 2'000.00 öffentlich beurkundet werden müssen und wäre bei einem höheren Betrag ungültig gewesen.

Anschliessend prüfte das Gericht den Inhalt des Vertrages. Dieser bestimmt sich in erster Linie nach dem übereinstimmenden, wirklichen Parteiwillen (subjektive Auslegung). Wenn der effektive Parteiwille unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen, die ihnen vorausgegangen und unter denen sie abgegeben worden sind, verstanden werden durften und mussten (objektive Auslegung). Das Gericht stellte fest, dass der wirkliche Parteiwille nicht festgestellt werden konnte, weshalb der Mietvertrag nach dem Vertrauensprinzip ausgelegt werden müsse. Die Beschwerdeführerin hat den Mietvertrag nicht nur mitunterzeichnet, sondern wurde auch zusammen mit ihrem Ehemann ausdrücklich als Mietpartei aufgeführt. Zudem haben die Parteien im Vertrag vereinbart, dass bei mehreren Personen als Mieter, diese für die Verbindlichkeiten aus dem Vertrag solidarisch haften. Im Moment der Vertragsunterzeichnung war für beide Parteien klar, dass der Beitritt der Beschwerdeführerin in den Vertrag primär eine Hilfe für ihren Ehemann, bzw. eine finanzielle Sicherheit darstellen sollte, um die Solvenz zu gewährleisten.

Das Gericht erkannte schliesslich, dass die Beschwerdeführerin nach Treu und Glauben mit der Mitunterzeichnung des Mietvertrages auch wirklich Mietpartei hat werden wollen, weshalb sie aus dem Mietvertrag nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet worden sei. Sie haftet somit als Mietpartei. Ob der Mieter beabsichtigte, das Mietobjekt selber zu nutzen oder nicht, ist unerheblich. Der Vermieter obsiegte in diesem Prozess, nicht zuletzt dank der Unterstützung der HEV-Rechtsberatung.

Waren auch Sie als Vermieter schon in einer ähnlichen Situation? Lic. iur. Cyrill Zumbühl der Rechtsberatung des HEV St. Gallen unterstützt Sie gerne in einem solchen Prozess.

Hotline für HEV-Mitglieder 071 227 42 44 (09:00 - 11.45 Uhr)
Hotline für Nicht-Mitglieder 0900 227 444 (CHF 3.80/Min.)

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